Die SVA verfügt über eine langjährige und vielfältige Erfahrung auf dem Gebiet des Propellerentwurfes und dem Design von komplexen Propulsionssystemen. Als Versuchsanstalt und Forschungseinrichtung verfügt die SVA Potsdam über den einzigartigen Vorteil, Erfahrungen aus der Grundlagen- und Anwendungsforschung direkt für den Entwurf von Antriebssystemen nutzbar machen zu können.
Wesentliche Teile der Entwurfsprogramme wurden in der SVA entwickelt. Dies umfasst Präprozessoren zur Propellerdefinition und zur Geometriebearbeitung sowie Nachrechenverfahren für Propeller, ummantelte Propeller, Twin- und Gegenlaufpropeller. Weiterhin sind mathematisch basierte Optimierungsverfahren und Postprozessoren zur Einschätzung der Kavitationseigenschaften, Druckschwankungsprognosen und Festigkeitsrechnungen mittels FEM-Analysen sowie Schnittstellen für die 3D-Modellierung enthalten. All diese Programme bilden das Programmpaket VORTEX. Andere Propellerhersteller und Klassifikationsgesellschaften nutzen unter anderem diese Software für den Entwurf und die Zertifizierung. Durch den engen Kontakt mit diesen Propellerherstellern und Klassifikationsgesellschaften wird die permanente Weiterentwicklung dieser Entwurfswerkzeuge unterstützt.
Die SVA hatte unter anderem wesentlichen Anteil an der Entwicklung des Twinpropellerkonzeptes von SCHOTTEL und setzte Meilensteine bei der Entwicklung von geräuscharmen Propellern für Forschungs- und Marineschiffe und U-Boote. Für große Schlepper wurden Düsenpropeller mit über 200 t Schubkraft entworfen. Insbesondere bei der Entwicklung von Düsenpropellern mit hohen Standschubforderungen konnte auf die breiten Erfahrungen mit umfangreichen CFD-Berechnungen von Propulsionssystemen am Schiff zurückgegriffen werden.
Entwürfe von Propellern und Propulsionssystemen können in der SVA im Modellmaßstab umfassend getestet werden, worauf trotz fortgeschrittener Berechnungsmethoden i. A. noch nicht verzichtet werden kann. Nach Propulsions- bzw. Kavitationsversuchen kann der Propellerentwurf verbessert werden, um den höchsten Ansprüchen der Praxis gerecht zu werden.
Zur Bestimmung des Verhaltens von Schiff und Antriebssystem sowie die Abstimmung zum Fahrmotor werden durch die SVA Probefahrten begleitet und spezielle Bordmessungen (Leistungsmessungen, Vibrations-, Druckschwankungs- und Akustikmessungen, Kavitationsbeobachtungen, Manövriermessungen) durchgeführt.
Themenbezogene Referenzen/Forschungsprojekte
[1] Schulze, R.: Globale Optimierung von Propellern, STG-Sprechtag, Flensburg 14. März 1997
[2] Schulze, R.; Bertolo, G.; Brighenti, A.; Kaul, S.: LUITO Development and Optimisation of the Propulsion System; Study, Design and Tests
PRADS, The Hague, September 20 – 25, 1998, 1998 Elsevier Science B.V.
[3] Schulze, R.: Globale Optimierung von Propellern und Propulsionssystemen, Schiff & Hafen 3/2005
[4] Mertes, P., Heinke, H.-J.: Aspects of the Design Procedure for Propellers Providing Maximum Bollard Pull, ITS 2008, Singapore, May 2008
[5] Steinwand, M.; Grabert, R.; Schulze, R.: Ruderentwurf – Aktuelle Entwicklungen, 102. STG Jahreshauptversammlung, Berlin, 23. Nov. 2007
[6] Schulze, R.; Richter, H.: Redundante Antriebe für Einschraubenschiffe, 102. STG Jahreshauptversammlung, Berlin, 23. Nov. 2007
[7] Schulze, R., Weber, A.: Application of the new FORTJES&rmark; Z-drive from REINTJES on planning vessels; 11th Intern. Conference on Fast Sea Transportation, FAST 2011, Honolulu, Hawaii, USA, Sept. 2011
[8] Schulze, R., Weber, A.: The new FORTJES&rmark; Z-drive from REINTJES with cotra rotating propellers for high speed applications, 11th Intern. Conference on Fast Sea Transportation, FAST 2011, Honolulu, Hawaii, USA, Sept. 2011
[9] Heinke, H.-J., Lübke, L. O.: Maßnahmen zur Energieeinsparung, Schiff & Hafen 10/2014
Für Slamminguntersuchungen wurde in der SVA ein hydraulischer Slammingsimulator entwickelt. Mit Hilfe der Anlage wird das Modell über zwei in Längsrichtung angeordnete, vertikal bewegliche Hydraulikkolben zu erzwungenen Tauch- und Stampfbewegungen sowie gekoppelten Bewegungen angeregt. Je nach Modellgröße sind Amplituden bis 0.1 m bei Frequenzen bis maximal 2 Hz erreichbar. Damit können Slammingbelastungen simuliert werden, bei denen die kritischen Eintauchgeschwindigkeiten deutlich überschritten werden. Es können sowohl Bodenslamming bei Gleitbooten als auch Bowflareslamming bei allen Schiffstypen mit deutlichem Spantausfall vor allem im Bugbereich untersucht werden. Die Anlage erlaubt die Simulation regulärer sowie irregulärer Bewegungen. Die Vorteile gegenüber Slammingmessungen in einem herkömmlichen Seegangsversuch bestehen in der gezielten Nachbildung von Slammingszenarien, die definierten Eintauchbedingungen zugeordnet werden können und in der exakten Reproduzierbarkeit der Versuchsbedingungen.
Die Ausrüstung von Modellen mit Miniaturdrucksensoren verschiedener Baugrößen ermöglicht die Messung von Slammingdrücken an gefährdeten Positionen des Rumpfes im Modellversuch unter extremen Seegangsbedingungen sowohl bei Fahrt als auch im Stand. Zudem können Slammingdrücke auch ergänzend bei regulären Seegangsversuchen gemessen werden.
Slammingerscheinungen werden mit vorhandenen CFD-Tools simuliert. Zur Ermittlung von Slamminghäufigkeiten dient das Programmsystem UTHLANDE. Für eine schnelle Abschätzung von Slammingdrücken hat die SVA ein vereinfachtes Verfahren entwickelt. Es basiert auf Ergebnissen systematischer Modellversuche und erlaubt die Bestimmung des Slammingdruckes bei beliebiger Spantform, bei gegebener Fahrtgeschwindigkeit und Lage des Schiffes. Wichtiger Parameter ist dabei die Normalgeschwindigkeit zwischen Rumpf und Flüssigkeit am interessierenden Punkt der Rumpfoberfläche. Bereiche mit Lufteinschluss (Bodenslamming) können damit nicht erfasst werden.
Als Ergebnis der Bearbeitung verschiedener FuE-Vorhaben [1], [2], [3] verfügt die SVA über einen großen Erfahrungsschatz bei der Untersuchung von Slammingerscheinungen.
Themenbezogene Referenzen/Forschungsprojekte
[1] Fröhlich, M.: Einsatz eines Schwingungsoszillators auf hydraulischer Basis zur Untersuchung der Slammingbelastung von Schiffen, STG-Sprechtag „Schiffe im Seegang“, Hamburg, Oktober 1998
[2] Fröhlich, M.: Slammingbelastungen von Schiffen, Freitagsvorlesung an der TU-Berlin, 25.06.99
[3] Fröhlich, M.; Hellwig, K.: Numerical and experimental investigations of slamming loads for fast ships, HIPER`01, Hamburg May 2001
[4] Fröhlich, M.; Hellwig, K.: Untersuchungen zum Slammingverhalten schneller Schiffe, 6. Schiffbautag Mecklenburg-Vorpommern, Rostock, Oktober 2002
Untersuchungen des Rollverhaltens, speziell der Rolldämpfung von Schiffen, sind vor allem in den letzten Jahren zu einem speziellen Gebiet der hydrodynamischen Forschung geworden. Moderne Containerschiffe besitzen infolge hoher Decksladung nur noch geringe Stabilitätsreserven und sind damit in hohen Seegängen der Gefahr extremer Rollbewegungen ausgesetzt. Die Entwicklung von Spezialschiffen und Versorgern für den Offshore-Bereich ist von strengen Vorgaben hinsichtlich Positionierbarkeit und Bewegungsstabilisierung geprägt, um die Risiken beim Anlegen unter Seegangsbedingungen zu reduzieren.
Die SVA Potsdam verfügt über modernste Versuchsmethoden mit zugehörigen neuen Messmethoden. Innovative Verfahren zur Verbesserung des Rollverhaltens von Schiffen bietet die SVA vor allem zu gesteuerten Flossen, Rudern, Voith-Schneider-Anlagen sowie Rolldämpfungstanks und zu deren Optimierung an.
Die SVA verfügt über eine Anlage, die erzwungene Rollbewegungen von Schiffsmodellen bei Variation von Rollamplitude und -frequenz mit und ohne Fahrtgeschwindigkeit hervorruft. Hierbei werden die Rollmomente gemessen.
Parametererregtes Rollen kann mit dem Verfahren ROLF (nichtlineare Streifenmethode), welches in das Programmsystem UTHLANDE integriert wurde, simuliert werden. Für eine schnelle Abschätzung der Gefährdung eines Schiffes bezüglich parametererregter Rollschwingungen wird ein in der SVA entwickeltes Verfahren genutzt, das auf Basis der Schwankungen der metazentrischen Höhen einen Indikator liefert, ob für eine Kombination von Fahrgeschwindigkeit, Wellenhöhe und Wellenlänge eine Rollanregung zu erwarten ist.
Für die Auslegung von Rolldämpfungstanks stehen Berechnungsverfahren zur Verfügung, mit denen sowohl Frahm- als auch Boxtanks analysiert werden können.
Insbesondere für große Yachten und Kreuzfahrtschiffe bieten sich als Rolldämpfungseinrichtungen Flossensysteme an, die bei entsprechender Geometrie auch im Stand dämpfen. Die Rolldämpfungsraten dieser und ähnlicher Systeme werden in der Schlepprinne bei Beaufschlagung des Modells mit unterschiedlichen Seegangsspektren ermittelt.
Themenbezogene Referenzen/Forschungsprojekte
[1] Fröhlich, M., Nietzschmann, T., Wuttke, H.: Untersuchung der parametererregten Rollschwingungen bei modernen Containerschiffen, Kolloquium Schiffstechnik, Uni Rostock, 21 Januar 2011
[2] Fröhlich, M., Schumann, C.: Simulationsverfahren zur effizienten Bestimmung großer Rollbewegungen von Schiffen, 5. SVA-Forschungsforum, Potsdam, 26. Januar 2012
[3] Fröhlich, M.: Experimentelle und theoretische Untersuchungen zur Rolldämfung, 6. SVA-Forschungsforum, Potsdam, 31. Januar 2013
[4] Fröhlich, M.: ROLLTANK – Weiterentwicklung und Validierung von theoretischen Verfahren zur Vorhersage der Rollbewegung von Schiffen unter Berücksichtigung von Rolldämpfungstanks, 8. SVA-Forschungsforum, Potsdam, 29. Januar 2015