Im Rahmen des vom BMWI geförderten Forschungsvorhabens WettKrit (Reg.-Nr.: 49MF170115) wurden zwei Simulationsmodelle entwickelt, mit denen das Krängungsmoment eines Schiffes bei Drift quer zur Windrichtung und der Rückrollwinkel zur Windseite infolge einwirkender regulärer Wellen mit definierter Wellensteilheit zum Nachweis des Wetterkriteriums der IMO („Interim Guidelines for alternative Assessment of the Weather Criterion“, MSC.1/Circ.1200, May 2006) numerisch ermittelt werden können.
Die Verfahrensentwicklung wurde durch begleitende Laborversuche sukzessive unterstützt. Die zahlreichen unterschiedlichen Laborversuchsreihen wurden mit zwei maßstäblich unterschiedlichen Modellen einer Yacht und dem Modell eines Fährschiffes durchgeführt. Die beiden Yachtmodelle unterschiedlicher Größe dienten der Untersuchung alternativer Möglichkeiten zur Ermittlung des Rückrollwinkels und zur Untersuchung möglicher Maßstabseffekte. Die Versuchsreihen lieferten wesentliche Validierungsdaten für die Entwicklung der Simulationsmodelle. Mit der erfolgreichen Entwicklung, Testung und Weiterentwicklung einer kombinierten Anlage zum Nachführen eines Labormodells bei freier Beweglichkeit in queranlaufenden Wellen und zum Halten eines Modells für Kraftmessungen bei kleinen Driftgeschwindigkeiten können Versuche zukünftig effizienter durchgeführt werden. Mit der geplanten Erweiterung der Anlage wird die Untersuchung sehr großer Labormodelle der SVA angestrebt, womit das komplette Spektrum der unterschiedlichen Modellgrößen der SVA untersucht werden kann. In der Analyse der Laborversuchsreihen wurden mit der Erarbeitung einer Extrapolationsfunktion und mit der Anwendung der Versuchstechnik in transienten Wellenpaketen zwei weitere alternative Methoden zur Ermittlung des Rückrollwinkels aufgezeigt, die als Basis für zukünftige Anwendungen dienen können.
Die Validierung der beiden numerischen Verfahren erfolgte für ausgewählte Fälle, die im Laborversuch getestet wurden. Es zeigte sich vor allem bei der Simulation des Rückrollwinkels überwiegend eine gute bis sehr gute Übereinstimmung zum Experiment. Durch eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Erprobung der entwickelten Verfahren wird eine Erhöhung der Prognosegenauigkeit möglich. Die Anwendung von Stokes-Wellen oder der Einsatz von Zeitdiskretisierungsmethoden zweiter Ordnung bei überlappenden Gittern sind hier als Beispiele zu nennen.
Das angestrebte Ziel, nach Abschluss der F&E-Arbeiten ein kombiniertes Verfahren aus Simulation und Modellversuch zum Nachweis der Kennwerte des IMO-Wetterkriteriums anbieten zu können wurde in vollem Umfang erreicht. Damit ist es der SVA nunmehr möglich auch mit einer minimalen Anzahl an Basisversuchen mit Labormodellen üblicher Größe, wie sie für Widerstands- und Propulsionsversuche zum Einsatz kommen, und nachfolgender Simulationen die erforderlichen Nachweise zum Wetterkriterium zu erbringen.
Mit weiteren Validierungen für andere Schiffstypen soll längerfristig auf derzeit noch erforderliche Basisversuche verzichtet werden können. Die vorgestellten alternativen Methoden des Einsatzes von transienten Wellenpaketen und von Potenzfunktionen auf Basis von Messungen in unterschiedlichen Wellensteilheiten werden zukünftig im Rahmen folgender Forschungen weiterentwickelt und verifiziert.
Der Einsatz des neuentwickelten kombinierten Verfahrens liefert einen weiteren Beitrag zur Erhöhung der Schiffssicherheit.
Autoren: Dr.-Ing. Matthias Fröhlich, Dipl.-Ing. Lars Lübke, Schiffbau-Versuchsanstalt Potsdam GmbH