Autor: pa

Reibungsmessungen unterschiedlicher Beschichtungen im Reibungsmessstand

Offene Messstrecke des Reibunsgmessstandes.

Es ist bekannt, dass der Reibungswiderstand eines Schiffes einen wesentlichen Teil seines Gesamtwiderstandes ausmacht (etwa 25 bis zu 75%). Dies wird vor allem durch die Oberflächenstruktur der Außenhaut beeinflusst, die beispielsweise von der Beschichtung oder vom Verschmutzungsgrad abhängt. In Bezug auf Treibstoffeinsparung kann es daher sinnvoll sein, den Reibungswiderstand durch Auftragen von Spezialbeschichtungen oder Oberflächentexturen zu minimieren. Die Anforderungen an diese Beschichtungen sind geringe Reibung und Antifouling-Eigenschaften sowie Beständigkeit auch nach langen Betriebszeiten oder mechanischer Einwirkung wie durch Eis, Schlepper oder Fender. Mit Hilfe des Reibungsmessstands der SVAtech können die Reibungseigenschaften dieser Beschichtungen gemessen werden. Langzeitversuche geben Antworten darauf, wie Bewuchs und Störstellen die Reibungscharakteristik der Beschichtung beeinflussen.Der Reibungswiderstand einer einseitig benetzten, flachen Platte ist aus semi-empirischen Untersuchungen bekannt. Es gibt verschiedene Formeln für laminare und turbulente Strömung, z.B. nach Blasius, Prandtl, Schönherr, Schlichting/Gersten, etc. In der Formel von Schlichting/Gersten findet sogar die Rauigkeit der Oberfläche Berücksichtigung. Wenn es sich jedoch um komplexe Oberflächenstrukturen handelt, reicht eine bloße Rauhigkeitsbetrachtung nicht aus.

In diesem Fall finden Messungen wie mit dem Reibungsmessstand der SVAtech nach wie vor Anwendung, um auf einfache Weise zuverlässige Ergebnisse zu erhalten. Der Reibungsmessstand ist vereinfacht gesprochen ein kleiner Umlauftank, in dem Platten mit der zu untersuchenden Beschichtung installiert werden können. Dabei bilden zwei dieser Platten einen schmalen rechteckigen Kanal, für den die Wandschubspannung im Inneren aus dem Druckverlust zwischen mehreren Beobachtungspunkten abgeleitet werden kann. Im Reibungsmessstand der SVAtech wird die Messung des Druckabfalls an 12 äquidistanten Positionen über der Länge der Testplatten durchgeführt. Anschließend wird der Reibungskoeffizient durch Dividieren der Wandschubspannung mit dem dynamischen Druck abgeleitet.

Der Reibungsmessstand wurde 1992 in der Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau in Berlin entwickelt und war für längere Zeit im Besitz der Technischen Universität Berlin, bis er 2004 von der SVA gekauft wurde. Um die hohen Genauigkeitsanforderungen der Kunden zu erfüllen, waren diverse Umbaumaßnahmen notwendig. Die Messstrecke wurde auf 12 Drucksensoren und ein Entlüftungssystem erweitert, um sicherzustellen, dass keine Luftblasen im Umlauf sind. Ein magnetisch-induktiver Durchflussmesser hilft bei der Bestimmung der Wassergeschwindigkeit in der Messstrecke. Es kann zwischen zwei verschiedenen Durchflussmessern gewählt werden (je nach Wassergeschwindigkeit). Weiterhin wurden 2 Temperatursensoren installiert, um die Wassereigenschaften wie Dichte und Viskosität zu bestimmen. Ein Mikroprozessor sorgt für eine automatische Motorsteuerung der Pumpe und führt die Berechnung des Druckgradienten und des Reibungskoeffizienten durch. Die Daten werden auf einen Messrechner übertragen, an dem die abschließende Auswertung erfolgt.

Der Testablauf wurde derart automatisiert, dass der gesamte Geschwindigkeitsbereich von 1 m/s bis 18 m/s (bzw. log (Re) = 5,4 bis 6,7) in 26 Schritten dreimal hintereinander gemessen wird. Für jeden Schritt gibt es eine Wartezeit von 60 s zur Stabilisierung der Strömung und schließlich eine Messzeit von 15 s. Am Ende wird die Mittelwertkurve der drei Durchgänge berechnet.

Die übliche Darstellung der Reibungsbeiwerte erfolgt über der Reynoldszahl. Die Herausforderung dabei ist, die Kanalströmung mit einer Strömung um einen Körper vergleichbar zu machen, wie es für Schiffsanwendungen erforderlich ist. Die Lösung besteht darin, die Referenzlänge für die Berechnung der Reynoldszahl experimentell zu bestimmen, indem eine vergleichbare Strömung um einen Körper erzielt wird. Mit der resultierenden Referenzlänge (die annähernd dem Kanalumfang entspricht) wird für technisch glatte Platten eine gute Übereinstimmung mit der Reibungskennlinie der ITTC’57 erreicht.

Für Strukturen kann eine Darstellung über s+ anstelle der Reynoldszahl sinnvoller sein. Der s+-Wert ist die dimensionslose charakteristische Länge für ein Strukturelement, z.B. für Riblet-Strukturen ist es der Abstand zwischen zwei Riblets.

In der Vergangenheit wurden verschiedene Messungen durchgeführt. Beispielsweise wurden mit dem früher erhältlichen Antifouling-Spray „Biotard“ gute Ergebnisse erzielt. Über einen großen Reynoldszahlbereich ist der Reibungskoeffizient etwas niedriger als der der glatten Platte. Eine deutlichere Wirkung ergibt sich für Riblets, mit denen in einem definierten s+-Bereich eine signifikante Reduktion der Reibung erreicht wird. Während der Untersuchungen mit Riblet-Strukturen kam die Idee zum Test von „einfachen“ Riblets auf, die von Hand mit Sandpapier und einem Bandschleifer hergestellt wurden. Die daraus resultierende Struktur ähnelt der perfekten Riblet-Struktur. Die maximale Reibungsreduktion ist zwar nicht so groß wie für die perfekten Riblets, aber der Reynoldszahlbereich, für den die Reibung niedriger ist als die einer glatten Platte, ist größer.

Jedoch darf nicht vergessen werden, dass nicht nur die „frische“ Beschichtung untersucht werden muss. Es ist wichtig, Langzeittests mit mehreren Monaten Betriebsdauer durchzuführen. Die SVAtech simuliert dies in Zusammenarbeit mit dem Labor LimnoMar, wobei die Testplatten für einen bestimmten Zeitraum in der Nordsee verweilen. Nach dieser Zeit werden die Platten im Reibungsmessstand erneut getestet.

Zusammenfassend liefert der Reibungsmessstand die Reibungskennlinien für unterschiedlichste Beschichtungen und Texturen auf einfache und kostengünstige Weise. Die reale Oberfläche und nicht nur ein Modell davon kann über einen großen Reynoldszahlbereich getestet werden. Eine schnelle Antwort auf die Frage der Widerstandsreduzierung und damit der Kraftstoffeinsparungen kann gegeben werden. Die Messungen finden neben dem Schiffbau auch Anwendung in der Luft- und Raumfahrtindustrie sowie Automobilindustrie.

Grafik zeigt Messergebnisse der Reibungscharakteristik einer technisch glatten Platte, gemessen im ReibungsmessstandGrafik zeigt Messergebnisse der Reibungscharakteristik einer Platte mit Biotard-Beschichtung. Grafik zeigt Messergebnisse der Reibungscharakteristik einer mit Sandpapier in Fließrichtung behandelten Platte einfache Riblets

 
Autor: M. Sc. Rhena Klose, Schiffbau-Versuchsanstalt Potsdam GmbH

Der vollständige Text ist enthalten in:
R. Klose, R. Schulze: Friction Measurements of Different Coatings in a Friction Tunnel, Proceedings 2nd Hull Performance & Insight Conference, 2017

Numraos

Auf Grund der Beschränkungen einer Schlepprinne der SVA soll ein numerisches Verfahren entwickelt werden, mit dessen Hilfe die Reaktionen eines Schiffes in einem zu generierenden transienten Wellenzug für spezielle Parameterkombinationen von Geschwindigkeit und Kurswinkel simuliert werden, die durch Laborversuche in einer Längsschlepprinne nicht oder nur unzureichend abgebildet werden können. Weiterlesen „Numraos

Berechnungsverfahren zur Auslegung von Rolldämpfungstanks

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Im Rahmen des vom BMWI geförderten Forschungsvorhabens ROLLTANK wurde ein Verfahren zur verbesserten Bestimmung der Strömungsvorgänge in Rolldämpfungstanks entwickelt, das zu einem verbesserten Entwurf einer solchen Anlage im Hinblick auf ein optimales Seegangsverhalten eines Schiffes genutzt werden kann. Die Verfahrensentwicklung wurde durch begleitende Laborversuche unterstützt. Durch den Einsatz einer modifizierten Rollanlage mit elektrischem Antrieb zur Anregung eines vom Schiff isolierten Rolldämpfungstanks zu definierten sinusförmigen Schwingungen konnten neben Untersuchungen eines Labormodells eines RoPax-Schiffes in der Schlepprinne weitere nützliche Daten zur Validierung des zu entwickelnden Verfahrens bereitgestellt werden.Zur Untersuchung auf der Rollanlage wurden 2 Frahmtanks und ein Boxtank konzipiert und ausgelegt. Das Versuchsprogramm umfasste Messungen mit sinusförmiger Anregung bei Variation der Frequenz, der Rollamplitude des Tanks und der Füllstandshöhe. Verschiedene Varianten von Einbauten innerhalb der Tanks wurden berücksichtigt. Die Auswertung der Messungen wurde durch Videoaufnahmen und den Einsatz von Ultraschallsonden unterstützt.

Die Laborversuche in der Schlepprinne mit eigens entworfenen Frahm- und Boxtanks wurden bei Variation von Wellenhöhe und Wellenlänge sowie der Seegangsstärke und der metazentrischen Höhe in regulären und irregulären Seegängen durchgeführt. Um definierte Randbedingungen für die Validierung zu gewährleisten, erfolgten die Versuche in Quersee ohne Fahrtgeschwindigkeit.

Für die weitere Auswertung der Laborversuche und für die Verfahrensentwicklung wurden für ausgewählte Fälle RANSE-Berechnungen durchgeführt.

Ausgangspunkt für das zu entwickelnde Verfahren war die Morison-Gleichung, die im Hinblick auf geschwindigkeits- und beschleunigungsproportionale Anteile eines entwickelten Wirbelsystems erweitert wurde. Im Ergebnis werden Beiwerte für Widerstand und Dämpfung geliefert, die in Abhängigkeit der Versperrung in den Tanks mit empirischen Formeln korrigiert werden. In der weiteren Entwicklung wurden Flachwassergleichungen verwendet, die für die entwickelten nichtlinearen Anteile erweitert wurden. Diese Gleichungen bildeten die Grundlage für anschließende nichtlineare Tankberechnungen mittels der nichtlinearen Streifenmethode ROLF. Zu diesem Zweck wurde das Verfahren ROLF im Unterschied zum Verfahren STRIP (lineare Streifenmethode aus dem Programmsystem UTHLANDE) mit zusätzlichen Tools zur Tankberechnung erweitert. Umfangreiche Simulationen wurden mit dem neuen Verfahren durchgeführt und zu deren Validierung mit den Ergebnissen der Laborversuche abgeglichen.

Die umfassende Validierung und der Vergleich mit bisherigen Verfahren zeigen, dass mit der Implementierung des neuen Verfahrens in ROLF eine schnelle und effiziente Prognose der Rolldämpfung des Tanks vor allem bei großen Rollbewegungen möglich ist. Gegenüber dem Verfahren STRIP können erstmals auch Effekte parametrischer Rollerregung bei Schiffen mit Rolldämpfungstanks ermittelt werden. Der Einsatz des Verfahrens für Projekte der Schiffbauindustrie ist deshalb in den Bereichen sinnvoll, in denen es auf möglichst geringe Rollbewegungen des Schiffes während des Einsatzes auch in extremen Seegängen ankommt, um vor allem die Gefährdung von Mannschaft und Schiff zu minimieren. Der zukünftige Markt wird neben Passagierschiffen und Yachten bei Anwendungen in Projekten der Offshoreindustrie gesehen. Dazu zählen Arbeitsschiffe und Versorger von Windkraft- und Offshoreanlagen, bei denen ein Anlegen bei starken Seegangsbewegungen möglich sein muss. Der Einsatz des Verfahrens trägt damit nicht zuletzt auch zur Erhöhung der Schiffssicherheit bei.

Autor: Dr.-Ing. Matthias Fröhlich, Schiffbau-Versuchsanstalt Potsdam GmbH

 

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Propellerfertigung

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Zur Fertigung von Propellern, Anhängen und Zubehörteilen stehen der SVA Potsdam verschiedene Präzisions-Fräsmaschinen zur Verfügung.

Zyklendrehmaschine UT500

Für das Fertigen von Drehteilen (Kleinserien und Einzelteile) steht eine Zyklendrehmaschine UT 500 zur Verfügung. Durch die Möglichkeit der Freiformprogrammierung können auf der Maschine beispielsweise Propellerdüsen, Abläufe und andere Teile, die nicht rein zylindrisch sind, schnell und effizient gefertigt werden.

Hauptparameter Zyklendrehmaschine UT500
Umlaufdurchmesser über Bett [mm] 510
Umlaufdurchmesser über Querschlitten [mm] 340
Umlaufdurchmesser in der Bettbrücke [mm] 760
Spitzenweite [mm] 1500
z-Verfahrweg [mm] 680
Max. Drehlänge [mm] 1140
Verfahrweg Schlitten (x-Achse) [mm] 310

 

Fräsmaschine UNITECH XV620-5AX

Zur Bearbeitung von komplexen Bauteilen wie Modellpropellern, Wellenböcken und Propellernaben steht eine 5-Achs-Fräsmaschine XV 620-5AX zur Verfügung. Die Maschine hat einen Arbeitsbereich von 650 x 520 x 480 mm3 und ist mit einer Antriebsleistung von 10 kW im Bereich der Feinmechanik angesiedelt.

Hauptparameter Fräsmaschine UNITECH XV620-5AX
x-Achse (Tischlängsverstellung) [mm] 620
y-Achse (Tischquerverstellung) [mm] 520
z-Achse (Support-Senkrechtverstellung) [mm] 510
Werkzeugaufnahmesystem (DIN 69871) Kegelschaft SK40
Antriebsleistung bei S1 100% [kW] 10
Drehmoment bei S1 100% [Nm] 64
Drehzahlbereich [min-1] 0 …12000

 

Fräsmaschine UNITECH VMC1200

Zur Fertigung von Bauteilen aus Metall dient die Fräsmaschine UNITECH VMC1200. Diese zeichnet sich durch ihren großen Arbeitsbereich von 1000 x 520 x 480 mm3 aus. Die aufgesetzte, simultan gesteuerte 4. Achse ermöglicht die Fertigung von Bauteilen, die während der Bearbeitung (Gehäuse von Antrieben) geschwenkt werden müssen.

Hauptparameter Fräsmaschine UNITECH VMC1200
x-Achse (Tischlängsverstellung) [mm] 1000
y-Achse (Tischquerverstellung) [mm] 520
z-Achse (Support-Senkrechtverstellung) [mm] 420
Werkzeugaufnahmesystem (DIN 69871) Kegelschaft SK40
Antriebsleistung bei S1 100% [kW] 16
Drehmoment bei S1 100% [Nm] 60
Drehzahlbereich [min-1] 0 …15000

 

CFD-gestützte Optimierung einer Propellerstrahlumlenkung hinter einem Binnen-Eisbrecher

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Die Schiffbau-Versuchsanstalt Potsdam GmbH (SVA) wurde von der Fachstelle Maschinenwesen Mitte (FMM) beim Wasser- und Schifffahrtsamt Minden beauftragt, eine Strahlumlenkung hinter einem Schiff zu entwerfen und zu berechnen. Der Binnen-Eisbrecher „Turmfalke“ soll während der eisfreien Zeit unter anderem zum Aufwirbeln und Wegspülen von am Gewässerboden abgelagertem Schlick genutzt werden. Der Propellerstrahl des Schiffes soll mit einer Vorrichtung so umgelenkt werden, dass eine möglichst gute Aufwirbelung von abgelagertem Schlick am Gewässerboden erreicht wird. Die Funktionsweise eines ähnlichen Systems wurde dem Auftraggeber durch ein anderes Unternehmen bereits mehrfach unter Beweis gestellt.

Die Aufgabenstellung wurde in 4 Arbeitspakete gegliedert. In einer Vorstudie sollten verschiedene mögliche Umlenkvorrichtungen grundlegend miteinander verglichen werden. Anschließend sollte eine ausgewählte Variante hinsichtlich ihrer Wirkung am Gewässerboden optimiert werden. Darauf folgten die Untersuchung zur Wirksamkeit bei verschiedenen Wassertiefen sowie die Untersuchung verschiedener Steuerklappen zur Unterstützung der Manövrierbarkeit.

Schiff und Propeller

Hauptabmessungen des Schiffes
Länge zwischen den Loten LPP [m] 20.13
Breite B [m] 7.10 [m]
Tiefgang T [m] 1.40
Verdrängung [m3] 114.6

 

Mit Hilfe eines Probefahrtprotokolls eines Schwesterschiffs wurde ein Propeller der Wageningen B-Serie ermittelt, der ungefähr die Kennwerte der Probefahrt erreicht. Die radiale Schub- und Momentenverteilung dieses Propellers wurde mit dem SVA-eigenen Programm VORTEX bestimmt und durch eine Actuator-Disc in den CFD-Berechnungen modelliert.

Umlenkvorrichtung

Die Geometrie der Umlenkvorrichtung unterlag nur wenigen Beschränkungen. So sollte der Tiefgang der Umlenkvorrichtung nicht den des Schiffs überschreiten. Weiterhin war auf die Realisierbarkeit mit einfachen Stahlbaumethoden zu achten.

Randbedingungen

Der Tiefgang des Schiffs in den Berechnungen beträgt T = 1.4 m. Die Wassertiefe wurde in der Vorstudie und während der Optimierung auf h = 2.5 m festgelegt. Für die Ermittlung der Effektivität bei anderen Wassertiefen konnte die Wirkung der Strahlumlenkung bei h = 2 m, h = 3 m und h = 4 m berechnet werden. Die Geometrie des Eisbrechers wurde vom Kunden bereitgestellt. Am Ort des Propellers wurde eine zylindrische Region definiert, in der die Volumenkraft der Actuator-Disc induziert wurde. Nach unten wurde das Berechnungsgebiet vom Gewässerboden beschränkt, nach oben von der als fest definierten Wasseroberfläche. Für die Vorstudie wurde ein symmetrisches Problem angenommen (Berechnung des halben Schiffs / der halben Domain, kein Drall im Propellerstrahl), um die Rechenzeit zu verkürzen. Für die Optimierung der hieraus ausgewählten Variante wurde das gesamte Strömungsgebiet um das Schiff berechnet.

Auswertung der numerischen Berechnungen

Berechnet werden sollte die Wirkung der Strahlumlenkung auf dem Gewässerboden. Die Sandrauhigkeit des angenommenen Schlickbodens betrug k = 0.06 mm (Literaturangabe in Absprache mit dem Kunden). Durch den als fest angenommenen Boden konnte keine Änderung der Bodentopologie durch die Strahlwirkung erfasst werden. Schlick ist eine Binghamsche Flüssigkeit, die ab einer bestimmten Scherspannung zu fließen beginnt. Daher war das für die Auslegung wesentliche Gütekriterium die Größe der Fläche des Gewässerbodens, auf der eine Wandschubspannung von τ = 120 Pa überschritten wird. Als ein weiteres Bewertungskriterium konnte der Druck auf den Boden ausgewertet werden.

Vergleich verschiedener Umlenkvorrichtungen – Vorstudie

Bei den Berechnungen zeigte sich, dass für eine effektive Strahlumlenkung eine Seitenplatte erforderlich ist. Hierdurch wird ein Ausweichen des Strahls zur Seite deutlich reduziert. Ohne Seitenplatte wird die erforderliche Wandschubspannung von τ = 120 Pa nicht erreicht.  Strömungsdurchlässige Spalten in der Umlenkvorrichtung sollten möglichst vermieden werden, da diese die Wirkung der Umlenkvorrichtung erheblich reduzieren. Die Abbildungen zeigen die resultierenden Werte in Abhängigkeit von der gewählten Geometrievariante (Bilder 1-6). Die geschlossene Tunnel-Variante (Bild 6) war am effektivsten und wurde vom Kunden für eine Optimierung ausgewählt.

Optimierung der Tunnelvariante

Für die Geometrieoptimierung des Tunnels wurde ein Parametermodell im CAE Programm „CAESES“ entwickelt. Die Breite der Eingangsfläche wurde auf 1.30 m festgelegt. So ist die Funktion auch bei leichten Ruderausschlägen gewährleistet. Durch die Abhängigkeit der Geometrie von definierten Parametern ließ sich diese für die Optimierung vollautomatisch verändern. Die Höhe der Oberkante des Tunneleingangs, die Höhe der Eintrittsfläche, die Länge des Tunnels, das Verhältnis von Eingangsfläche/Ausgangsfläche sowie das Verhältnis von Länge/Breite der Ausgangsfläche wurden mittels Parametervariation hinsichtlich der resultierenden Bodenfläche mit einer Wandschubspannung von τ > 120 Pa optimiert.

Ergebnis der Optimierung

Die Oberkante des Tunnels liegt genau unter der Wasseroberfläche. Um ein Überströmen der Umlenkvorrichtung zu vermeiden, sollte der Bereich zwischen Schiff und Umlenkvorrichtung an der Wasseroberfläche abgedeckt sein. Die Breite der Wandschubspannung mit τ > 120 Pa liegt bei etwa 2.5 m, die Länge bei etwa 2 m. Die Wandschubspannung und der Druck am Gewässerboden, welche von der optimalen Tunnelvariante generiert werden, zeigt Bild 7.

Um die Wirksamkeit der optimierten Tunnelgeometrie bei verschiedenen Wassertiefen einschätzen zu können, wurden zusätzliche Rechnungen bei h = 2, 3 und 4 m durchgeführt. Es zeigt sich eine moderate Abnahme der Wirksamkeit mit der Wassertiefe. Bei 4 m Wassertiefe werden 120 Pa Wandschubspannung nicht mehr erreicht (s. Diagramm in Bild 8).

Bewertung der Ergebnisse

Aufgrund der Vereinfachungen (feste Wasseroberfläche, quasi statische Berechnungen, Actuator-Disc, keine Änderung der Bodentopologie) können die Ergebnisse nur qualitativ sein. Der Druck auf den Gewässerboden entspricht bis zu 28.000 Pa (N/m2) bei einer Wassertiefe von h = 2.5 m. Ein solcher Druck sollte zu einer Deformation von Schlick am Gewässerboden führen (ausgespültes Loch) welche die Spülwirkung nochmals deutlich erhöhen wird.

Vergleich Theorie (Arbeiten der SVA) und Praxis (siehe unten)

Die Optimierung der Vorrichtung erfolgte bei einer niedrigen  Systemgeschwindigkeit, da der Selbstpropulsionspunkt in den Berechnungen für PMotor = 2/3 PMotor max bei unter 5 km/h erreicht wurde. Die Vorrichtung scheint in der Realität jedoch einen deutlich geringeren Widerstand zu erzeugen. Dies lässt vermuten, dass die Vorgabe einer „festen“ Wasseroberfläche trotz einer Platte zwischen Tunneleingang und Schiff (siehe Bilder 9-11) unter diesen Umständen nicht optimal ist. Die Vorrichtung wird im Betrieb deutlich überspült. Um die Geschwindigkeit zu reduzieren soll der Propellerstrahl zukünftig noch durch zusätzlich seitliche Bleche eingeschränkt werden.

Reale Umsetzung der Strahlumlenkung

Alle folgend dargestellten Inhalte wurden von der Firma „TECHNOMAR GmbH&Co.KG“ verfasst und uns durch die Fachstelle Maschinenwesen Mitte beim Wasser- und Schifffahrtsamt Minden aus dem Probefahrtprotokoll zur Verfügung gestellt.

Manövrierverhalten

Das Schiff führt Rudermanöver zuverlässig aus, auch bei Rückwärtsfahrt treten keine Probleme auf. Das Gerät verringert die Schiffsgeschwindigkeit unter Volllast von 15 km/h auf 12 km/h. Aussage des Schiffsführers: „Ein sicheres Manövrieren ist möglich. Es gibt keine Einschränkungen“.

Überprüfen der Wirksamkeit

Die vorgesehene Teststrecke wurde durchfahren und die Wassertiefen abgelesen. Die Wassertiefe lag um 2.4 m im Mittel. Dann wurde mit verschiedenen Fahrstufen eine Strecke von 400 bis 500 m in insgesamt 3 Durchgänge abgefahren. Beim Spülvorgang war das aufgewirbelte Wasser tief schwarz und Sedimente kamen an die Oberfläche. Nach dem 3. Durchgang zeigten sich Gasblasen, also Faulgase, an der Oberfläche. Der Versuch wurde damit beendet und das Gerät aus dem Wasser genommen. Die Teststrecke wurde wieder durchfahren und die Wassertiefe ermittelt. Diese lag nun um ca. 2.80 m. Das Fahrwasser wurde bei diesem Versuch um ca. 40 cm vertieft. Die Schubumlenkung muss nun in weiteren Versuchen auf die Wirksamkeit des Spülens getestet werden. Diese wird vom WSA-Meppen ausgeführt und entsprechend dokumentiert. Alle Beteiligten sind der Meinung, dass das Gerät eine Verbesserung beim Bekämpfen des Schlickproblems auf der Ems darstellt.

Mit freundlicher Genehmigung der:

Fachstelle Maschinenwesen Mitte
beim Wasser- und Schifffahrtsamt Minden
Am Hohen Ufer 1-3
32425 Minden

Autor: Dipl.-Ing. E. Schomburg

ProRatio

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die Aussagefähigkeit von Propulsionsmessungen im Modell- und Großausführungsmaßstab zu erhöhen und den zeitlichen Aufwand für Modellversuche zur Leistungsbestimmung von Schiffen zu reduzieren. Bei der quasistationären Methode wird davon ausgegangen, dass die instationären Bedingungen im quasistationären Modellversuch die entsprechenden stationären Bedingungen repräsentieren. Weiterlesen „ProRatio